Kichererbsen in Hessen? Ein Landwirt berichtet über seine Erfahrungen und Perspektiven

Feldschild über Kichererbsen mit vielen Textfeldern und Fotos

In den letzten Jahren haben die Temperaturentwicklungen einen deutlichen Anstieg gezeigt. Es sind heißere und trockenere Sommermonate mit geringeren Niederschlägen während der Vegetationsperiode festzustellen. Die zunehmenden Wetterextreme bekräftigen die Notwendigkeit, dass sich Landwirtinnen und Landwirte in Hessen mit neuen Kulturen ausprobieren.

Familie Ochsenschläger legt ihre Betriebsschwerpunkte in die Bereiche Gemüsebau, Haltung von Mehrnutzungshühnern und Direktvermarktung. Im Interview gibt Siegbert Ochsenschläger Impulse und Expertentipps rund um den Anbau der Nischenkultur Kichererbse.

Herr Ochsenschläger, warum ist es Ihnen wichtig, sich auch an Nischenkulturen bzw. neue Kulturen, wie die Kichererbse heranzutrauen?

Ich bin von Natur aus neugierig und habe keine Angst, mich an neuen Kulturen auszuprobieren. Es gehört allerdings schon auch viel Idealismus dazu, da durch die fehlenden Erfahrungswerte im Anbau, neue Kulturen betriebswirtschaftlich schwer einzuschätzen und zu berechnen sind.

Ein Jahr ist kein Jahr: Bisherige Anbauerfahrungen zur Kichererbse zeigen, dass unterschiedliche Keimfähigkeiten und Saatgutqualitäten im Anbau eine große Rolle spielen. Was sind Ihre Erfahrungen zu diesem Thema?

In meinen bisherigen Anbauversuchen waren die Saatgutqualitäten alle in Ordnung. Ich denke aber, dass die Keimfähigkeit und Saatgutqualitäten durch Anpassungen in der Züchtung in der Zukunft noch besser sein werden. Züchter und Saatguthändler sind ja daran interessiert, auch in den kommenden Jahren Ihre Ware zu verkaufen.

Welche ackerbaulichen Methoden und Technologien nutzen Sie, um den Beikrautdruck und andere Einflüsse, wie z.B. unbeständige Witterung und unterschiedliche Abreifestadien der Kichererbse auf den Bestand gering zu halten?

Grundsätzlich hatte ich einen „sauberen“ Acker. Zum richtigen Zeitpunkt das richtige machen ist wichtig. Früh mit dem Striegel arbeiten, dann einmal blindstriegeln und nach dem Auflaufen. Und dann die Fingerhacke bei der Unkrautbekämpfung einsetzen, ungefähr wenn die Pflanzen 5 bzw. 15cm groß waren. So habe ich das gut hingekriegt.

Blindstriegel und Feld
Blindstriegeln (c) LLH
Hackmaschine Fingerhacke
Fingerhacke (c) LLH

Welche Erfahrungen können Sie zu Herausforderungen und Möglichkeiten in Bezug auf die Aufbereitung und Vermarktung von Kichererbsen teilen?

Auf einem „Kichererbsenaustausch“ (Stammtisch) habe ich erfahren, dass es einen Lohnbetrieb gibt, der Kichererbsen bürstet und farblich sortiert. Das werde ich in der Anbausaison in 2025 mit anderen Anbauern in Südhessen ausprobieren. Man muss aber schon auch sagen, dass der Aufwand doch sehr hoch ist, um Kunden und Kundinnen ein einwandfreies Produkt liefern zu können. Mein Erntegut aus 2024 habe ich einem Restaurant und einer Kantine vermarktet, die auch schon Interesse bekundet haben, die Kichererbsen in den kommenden Jahren abzunehmen.

Wo und wie können Projekte, wie das Projekt „100 nachhaltige Bauernhöfe“ und die ÖMR Süd unterstützend zur Seite stehen (Mehrwert der Projektarbeit), wenn es um das Ausprobieren von unbekannten Kulturen geht?

Eine finanzielle Unterstützung ist bei einer so unbekannten Kultur schon durchaus sehr hilfreich. Aber auch die Dokumentation einzelner Arbeitsschritte und der Erfahrungsaustausch sind dabei sehr wichtig. Es ist zudem immer interessant, wenn Berater und Beraterinnen vom LLH auf den Betrieb kommen, um sich auch über andere Ansichten und Erfahrungswerte auszutauschen.

Welche Botschaft haben Sie für Landwirtinnen und Landwirte, die überlegen, neue Kulturen wie die Kichererbse anzubauen, aber noch unsicher sind?

Es wird immer mal schlechtere oder auch gar keine Ernte geben. Ich habe z.B. erst jetzt beim dritten Anbauversuch Ernte generieren können. Und trotzdem wünsche ich mir, dass die Kichererbse eine erfolgreiche Kultur in Hessen wird und sich etabliert. Jedes Jahr arbeiten mehr Bauern daran, dass die Kichererbse im Anbau sicherer wird und Totalausfälle so nicht mehr zu befürchten sind. Sicherlich sollten Bauern die sich überlegen, die Kichererbse selbst anzubauen, aktuell einen gewissen Idealismus aufweisen und keine Angst vor Rückschlägen haben. Es ist sehr hilfreich Gleichgesinnte um sich zu haben, da jedes Jahr im Anbau anders sein kann und man so die Möglichkeit hat, sich über die jeweiligen Erfahrungen auszutauschen!

Galerie