Feldabend zur Weizensortendemo begeistert Landwirtinnen und Landwirte

Einblicke aus dem Projekt „100 nachhaltige Bauernhöfe“ bei sommerlicher Abendstimmung im Main-Kinzig-Kreis

Am 11. Juni 2025 fand auf dem Betrieb des Projektlandwirts Stefan Gruner im Rahmen des Projekts „100 nachhaltige Bauernhöfe“ ein gut besuchter Feldabend statt. Rund 40 Teilnehmende – darunter etwa 35 Landwirtinnen und Landwirte aus der Region, eine Vertreterin der I.G. (Interessengemeinschaft) Pflanzenzucht, Herr Philippi von der ortsansässigen Philippi-Mühle sowie Projektkraft Jonas Schulze und Pflanzenbauberater Stephan Brand vom Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH) – informierten sich ausgiebig über die dort angelegte Weizensortendemo. Bei bestem Sommerwetter, unter blauem Himmel und in lockerer Atmosphäre, drehte sich alles um die Frage:

Welche Weizensorten sind unter reduzierter N-Düngung und bei minimalem Pflanzenschutzaufwand robust, ertragreich und erfüllen zugleich die hohen Qualitätsanforderungen der Mühlen?

Abb. 1: Sortenübersicht © Daniel Kern

Projektvorstellung und Ausgangslage

Zum Einstieg wurde das Projekt „100 nachhaltige Bauernhöfe“ vorgestellt, insbesondere die Möglichkeit, als Projektbetrieb eigene praxisnahe Demonstrationen umzusetzen – wie in diesem Fall die Sortenanlage im Weizen. Ziel der Sortendemo war es, das Verhalten und die Leistungsfähigkeit verschiedener Winterweizensorten unter reduziertem Dünge- und Pflanzenschutzaufwand aufzuzeigen. Die Demo wurde im roten Gebiet durchgeführt, also unter Bedingungen, bei denen die N-Düngung 20 % unter dem tatsächlichen Pflanzenbedarf liegen muss.

Im Mittelpunkt stand die Frage, mit welchen Sorten unter diesen Voraussetzungen stabile Erträge und eine ausreichende Backqualität – insbesondere in Bezug auf den Proteingehalt – erreicht werden können. Ein umfassender Feldführer mit Ackerschlagkartei, Sortenbeschreibung, Wetterdaten, Drohnenaufnahmen und Fotos der Saison begleitete die Vorstellung.

Rückblick auf das Anbaujahr 2024/25

Stephan Brand führte zusammen mit Jonas Schulze durch einen detaillierten Rückblick auf das herausfordernde Anbaujahr. Die Aussaat Ende Oktober 2024 erfolgte unter schwierigen Bedingungen. Ein feuchter Herbst und eine teils zu flache Saatgutablage erschwerten den Feldaufgang. Positiv fiel jedoch der sehr geringe Unkraut- und Ungrasdruck auf, bedingt durch den späten Saattermin. Wechselfröste im Winter führten zur Entscheidung, den Bestand zu walzen. Im Frühjahr erschwerte eine anhaltende Trockenheit die Planung des Wachstumsreglereinsatzes erheblich. Die Sorten reagierten sehr unterschiedlich auf den Wachstumsregler und die Stresssituation. Das stellte in Verbindung mit den schwierigen Aussaatbedingungen einen echten Belastungstest dar.

Boden bei der Aussaat
Abb. 2: Aussaatbedingungen am 25.10.2024
Weizen, unbehandelt
Abb. 3: Sorte Thomaro unbehandelt, 16.06.2025

Ein früher Braunrostbefall Ende April machte eine Pflanzenschutzmaßnahme Anfang Mai notwendig, die mit einer kostengünstigen Kombination aus Tebuconazol und Azoxystrobin erfolgte. Die Wirkung dieser einmaligen Maßnahme war eindeutig und hat die Teilnehmenden in dieser Prägnanz beeindruckt In den behandelten Parzellen blieben viele Sorten bis zum Feldabend nahezu vollständig gesund, während in den unbehandelten Nullparzellen teils massiver Befall des gesamten Blattapprats, bis hin zum Fahnenblatt, zu beobachten war. Andere Krankheiten wie Septoria spielten aufgrund der Trockenheit kaum eine Rolle.

Sortenvergleich vor Ort

Nach der Rückschau in das Jahr 2024 ging es zur beschilderten Sortendemo im Feld. Gezeigt wurden sieben Sorten:

Besonders eindrucksvoll war der Vergleich zwischen den unbehandelten Parzellen und jenen mit einmaliger Fungizidmaßnahme. Die Teilnehmenden zeigten sich überrascht von den teils deutlichen Sortenunterschieden – sowohl hinsichtlich der Vitalität als auch des Gesundheitszustands. Anhand einer Spatenprobe wurden auch Aspekte der Saatbettbereitung und deren Folgen bis weit in das Frühjahr diskutiert.

Großes Interesse galt der Sorte Thomaro, einer Ökozüchtung des Dottenfelderhofs. Trotz starker Rostanfälligkeit präsentierte sie sich vital und hinterließ vor allem in der behandelten Variante einen guten Eindruck. Jonas Schulze wies auf wichtige Zuchtziele im ökologischen Landbau hin, die auch im konventionellen Anbau zunehmend an Bedeutung gewinnen. Etwa rasche Jugendentwicklung, planophile Blattstellung und Pflanzenlänge. Aber auch Resistenzen gegenüber Flug- und Steinbrand können in Zukunft relevant für den Weizenanbau sein.

Diskussionen und Austausch

Bereits am Rand der Demo ergab sich eine angeregte Diskussion unter den Teilnehmenden. Ein zentrales Thema war die vielerorts schwierige Wachstumsreglerstrategie im Frühjahr – beeinflusst durch Trockenheit, unsichere N-Verfügbarkeit und -Nachlieferung sowie starke Tag-Nacht-Schwankungen der Temperatur. Der mögliche ergänzende Einsatz von Silizium wurde kritisch hinterfragt.

Mit Herrn Philippi von der Philippi-Mühle entstand ein intensiver Austausch zu den Herausforderungen in der Weizenvermarktung und der regionalen Weizenverarbeitung – insbesondere in Bezug auf Proteingehalte, Qualitätsgruppen und weitere Bewertungskriterien aus Sicht der Mühlen. Auch die N-Effizienz und die Einstufung des Rohproteingehalts in der beschreibenden Sortenliste des Bundessortenamts wurden thematisiert. Dabei wurde klar: Gerade in roten Gebieten sind besonders effiziente Sorten gefragt – solche, die sich den verfügbaren Stickstoff gut aneignen und daraus zuverlässig Protein bilden können. Entscheidend ist, dass diese Sorten bei erreichter Backqualität auch von den Mühlen mit einem entsprechenden Aufpreis honoriert werden.

Weizen im Vergleich behandelt, unbehandelt
Abb. 4: Effekt der Fungizidbehandlung – links unbehandelt, rechts behandelt

Ausklang bei Würstchen und Abendsonne

Nach der Besichtigung und dem fachlichen Austausch luden der Projektlandwirt und das LLH-Team zu einem gemütlichen Ausklang mit Würstchen, Brötchen und kühlen Getränken unter Obstbäumen am Feldrand ein. Bei entspannter Stimmung und einem malerischen Abendhimmel über dem Taunus wurde noch lange weiterdiskutiert.

Teilnehmende des Feldabends begutachten Weizensorten
Abb. 5: Kritischer Blick in die Sorten

Ausblick

Die Sortendemo wird im kommenden Herbst erneut ausgesät – voraussichtlich mit ein paar Anpassung en. Zunächst steht jedoch die Ernte der aktuellen Sorten an, um genaue Qualitätsdaten zu erheben und eine Ertragsabschätzung durchzuführen. Die Auswertung soll in Zusammenarbeit mit der ortsansässigen Mühle erfolgen. Alle Teilnehmenden des Feldabends erhalten im Nachgang einen Ergebnisbericht mit Erläuterungen, Fotos und Empfehlungen zur Sortenwahl – für eine nachhaltige und qualitätsorientierte Weizenproduktion auch unter herausfordernden Bedingungen.

Ansprechpersonen

Landwirt Stefan Gruner: stefangruner68@gmail.com ; +49 175 2714024

Jonas Schulze (LLH): jonas.schulze@llh.hessen.de ; +49 175 1108083

Stephan Brand (LLH): stephan.brand@llh.hessen.de ; +49 160 4715761

Dieser Artikel wurde verfasst von: